Sportdeutschland-News
4. Runder Tisch „Sport und Menschenrechte“
Das im Herbst 2022 vom DOSB initiierte Format hat sich als wichtige Zusammenkunft von Organisationen und Personen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Sport etabliert. 40 Expert*innen, darunter viele bekannte und auch neue Gesichter, folgten der Einladung des DOSB, um den kontinuierlichen Dialog über menschenrechtliche Themen im Sport unter Einbindung vielfältiger Erfahrungen und Expertisen aufrechtzuerhalten.
Nach einleitenden Begrüßungsworten von Friedhard Teuffel, Direktor des gastgebenden LSB Berlin, übernahm Dr. Joachim Rücker (Geschäftsführer DOSB-Menschenrechtsbeirat) die Moderation der Veranstaltung. Angesichts der beiden Sportgroßereignisse dieses Sommers - UEFA EURO 2024 sowie Olympische und Paralympische Spiele in Paris - stand das Thema Menschenrechte und Sportgroßveranstaltungen im besonderen Fokus. Auf Basis ihrer individuellen Erkenntnisse aus diesen Events führten die Teilnehmer*innen eine lebhafte Diskussion über klare Strukturen für Rollen und Verantwortungsbereiche der beteiligten Institutionen sowie Learnings für künftige Sportevents. Katharina Hedtstück (Referatsleiterin Sportgroßveranstaltungen im Bundesministerium für Inneres und Heimat) bilanzierte mit Blick auf die UEFA EURO 2024, dass dieses Event wichtige menschenrechtliche Maßstäbe gesetzt und das Bewusstsein für menschenrechtliche Verantwortung geschärft habe. Gemeinsame Aufgabe aller beteiligten Institutionen sei es mit Blick auf kommende Sportgroßveranstaltungen nun, die Rollen und Verantwortlichkeiten klarer zu definieren, frühzeitiger geeignete Präventionsmaßnahmen in Kraft zu setzen und diese Prozesse strukturiert zu evaluieren. Hierfür ist ein regelmäßiger Austausch der beteiligten Stakeholder unabdingbar.
Sylvia Schenk (UEFA EURO Human Rights Board) die als Leiterin der Stakeholder-Initiative zu Menschenrechten bei der EURO einen Überblick über die abgelaufenen Prozesse geben konnte, würdigte den Anstoß ebenfalls, forderte aber zugleich die beteiligten Institutionen - vor allem Staat, Kommunen, Verbände und Ausrichter - dazu auf, in ihrer Rollenverteilung deutlich klarer zu werden: „Eine Sportgroßveranstaltung ist hochkomplex und verlangt eindeutige Zuständigkeiten zwischen den beteiligten Gruppen“. Michael Windfuhr vom Deutschen Institut für Menschenrechte ergänzte zum Rollenverständnis der beteiligten Institutionen: „Der Staat ist der völkerrechtliche Pflichtenträger. Einschreiten der Polizei, Durchführung von Grenzkontrollen, Sicherstellen der Meinungsfreiheit - all das ist Staatsaufgabe, von daher ist der Staat da nicht raus. Als Basis für jede Sportgroßveranstaltung gilt aber: Es liegt in der Verantwortung des Organisators eine menschenrechtsgestützte Analyse durchzuführen - und dann auf die beteiligten Institutionen zuzugehen.“
Neben dem Optimierungsbedarf in der Rollenverteilung und der Prozessgestaltung rund um Sportgroßveranstaltungen wurde auch das Verhältnis von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsfragen diskutiert. Sylvia Schenk sprach in dieser Diskussion den Wunsch aus, dass sich alle Beteiligten noch stärker „um ein gemeinsames Verständnis und eine Verzahnung von Nachhaltigkeit und Menschenrechten bemühen“. In diesem Zusammenhang verwies Katharina Hedtstück auf den aktuellen Prozess zur Entwicklung eines „Leitbilds Menschenrechte und Sportgroßveranstaltungen“, welches beide Perspektiven integrieren soll. Nach Einbindung des DOSB und der Stakeholder wird das Leitbild im kommenden Jahr veröffentlicht. Es soll Verbänden und Ausrichtern bei der Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen Orientierung geben.
Einen Ausblick auf anstehende Sportgroßveranstaltungen in Deutschland ermöglichten Benjamin Schenk vom Allgemeinen Deutschen Hochschulverband sowie Martin Hartmann vom Deutschen Turnerbund. Beide Verbände mitverantworten 2025 die Ausrichtung einer Sportgroßveranstaltung - die World University Games respektive das Deutsche Turnfest.
Am Nachmittag des Runden Tischs stand der Austausch über den aktuellen Stand des „DOSB-Aktionsplans Sport und Menschenrechte“ auf der Agenda. Dieser schließt sich an die Verabschiedung der DOSB/dsj-Menschenrechts-Policy 2023 an, um die darin formulierte menschenrechtliche Verantwortung anhand von Maßnahmen und Aktivitäten zu konkretisieren.
Am Ende eines intensiven Austauschs bedankte sich Dr. Joachim Rücker ausdrücklich bei allen Teilnehmer*innen für ihre Beiträge und plädierte für die Aufrechterhaltung dieses Stakeholderdialogs rund um Sport und Menschenrechte: „Wir haben schon einiges hinbekommen und können gemeinsam noch viel mehr bewegen. Beim Runden Tisch hören wir viele Beiträge, die den Weg, auf dem wir uns gemeinsam befinden, deutlich machen können. Ich bin dankbar, dass wir im deutschen Sport dieses Netzwerk haben - das sollten wir pflegen“.
Eine ausführliche Dokumentation der Veranstaltung sowie weitere Informationen erhalten Sie auf folgender Website: https://www.dosb.de/ueber-uns/sport-und-menschenrechte
(Quelle: DOSB)
Leistungssportkonferenz 2024 - Leistungssportreform im Fokus
Rund 250 Teilnehmende, darunter Bundestrainer*innen, Sportdirektor*innen aus olympischen und nicht-olympischen Spitzenverbänden, Leistungssportreferent*innen der Landessportbünde (LSB), Leiter*innen der Olympiastützpunkte (OSP) und weitere Gäste aus dem Leistungssportnetzwerk, kamen zusammen, um aktuelle Themen des deutschen Leistungssports zu diskutieren.
Rückblick auf Paris 2024 - Erfolgreiche Spiele im Fokus
Den Auftakt der Konferenz gestaltete Olaf Tabor, Vorstand Leistungssport und Chef de Mission, mit einem kurzen Rückblick auf die Olympischen Spiele in Paris 2024. Er zog dabei im Hinblick auf die Gesamtveranstaltung ein insgesamt positives Fazit der Spiele, für das insbesondere das Auftreten der deutschen Olympiamannschaft mit verantwortlich war und zu dem das bisher größte Deutsche Haus einen wesentlichen Beitrag leisten konnte. Gleichzeitig fiel seine sportliche Bilanz gemischt aus, weil das Ziel einer Top-Ten-Platzierung in der Nationenwertung erreicht wurde, aber der Negativtrend in der Medaillenausbeute nicht aufgehalten werden konnte. Eine umfassendere Olympiazyklusanalyse im Frühjahr 2025 soll die sportfachlichen Erkenntnisse tiefergehend beleuchten und systematische Ableitungen ermöglichen.
Austausch und Beratungen der Stakeholdergruppen - Best Practice und Innovationen
Im Anschluss teilten sich die Teilnehmenden auf, um innerhalb ihrer Stakeholdergruppen spezifische Themen vertieft zu behandeln. So berieten die Sportdirektor*innen, OSP-Leiter*innen und LSB-Referent*innen gemeinsam mit dem DOSB zu aktuellen Themen ihrer unmittelbaren Arbeit. Bei den Bundestrainer*innen gab Samir Suliman, Bundestrainer im 3x3 Basketball, einen Einblick in seine Arbeit, die in Paris zum Gewinn der Goldmedailleführte. Weiterhin beschäftigten sich die Bundestrainer*innen mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz im Leistungssport und welche Potenziale diese Technologie für die Zukunft bietet.
Zukunftsthemen im Fokus - Sportfördergesetz und Spitzensportagentur
Der zweite Tag der Konferenz stand ganz im Zeichen wichtiger Zukunftsfragen für den deutschen Leistungssport. Olaf Tabor und DOSB-Vorstandsvorsitzender Torsten Burmester erläuterten den aktuellen Status Quo zum Sportfördergesetz und zur geplanten Spitzensportagentur. Teilnehmende nutzten die Gelegenheit, um einen tieferen inhaltlichen Einblick zu bekommen und mögliche Auswirkungen auf die tägliche Arbeit im Leistungssport zu diskutieren.
Erfolgreicher Austausch und neue Impulse
Die Leistungssportkonferenz 2024 bot den Teilnehmenden auch in diesem Jahr die Gelegenheit, sich intensiv miteinander auszutauschen, sowohl beim Team D Abend als auch in den sportfachlichen Gesprächsformaten. Ergänzend zu den sportpolitischen Updates wurde über den kürzlich gestarteten Prozess der Zieledebatte und zu den Befragungsergebnissen der Mitgliedsorganisationen aus dem Frühjahr diesen Jahres informiert. Prof. Dr. Jörg Fischer reicherte als „critical friend“ die Diskussion mit reflektierenden Hinweisen zum laufenden Austauschprozess an und ein Einblick in den internen Veränderungsprozess des Geschäftsbereichs Leistungssport in Vorbereitung auf die systemischen Anpassungen durch die Gründung der Spitzensportagentur bildeten den Abschluss der Konferenz.
(Quelle: DOSB)
Zustand der Sportstätten wieder im Fokus
Am vergangenen Mittwoch, 9. Oktober 2024, hat der Sportausschuss des Deutschen Bundestages in seiner 58. Sitzung das zentrale Thema „Status quo und Zukunft der Sportstätten und Sportinfrastruktur in Deutschland" beraten. Bereits am 26. Juni 2024 hat sich der Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen des Deutschen Bundestages im Rahmen eines öffentlichen Fachgesprächs zum Thema „Sportstätten und Stadtentwicklung“ beschäftigt.
Dies ist ein überaus relevantes und wichtiges Thema, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seit Jahren als zentrales Politikfeld vorantreibt. Die Sportstätteninfrastruktur ist nicht nur von entscheidender Bedeutung für das Sporttreiben selbst, sondern auch für das Gemeinwohl in Deutschland. Sport und Sportvereine tragen maßgeblich zur sozialen Integration, Gesundheit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Ein gut ausgebautes und modernisiertes Netz von Sportstätten ist die Grundlage dafür.
Sportstätten sind wahre Multifunktionstalente. Sie sind gebaute Einladungen für Menschen, Sport zu treiben, Lebensfreude zu erleben, sich zu begegnen und gesund zu erhalten. Wenige Orte innerhalb einer Kommune vermögen es heutzutage noch, Menschen so unterschiedlicher Hintergründe unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft zusammenbringen und zu bewegen. Sie sind Grundlage für fast 28 Millionen Mitgliedschaften aus Breiten- und Leistungssport, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Sie sind Orte für Bildung, Gesundheit, für Integration und Inklusion. Sportstätten gehören zur unverzichtbaren Daseinsvorsorge der Menschen und sind eine der wertvollsten Ressourcen des Sports und unserer Gesellschaft.
In Deutschland haben wir rund 231.000 Sportstätten. Diese Anzahl an Sportgelegenheiten ist zu großen Teilen auf die Sportstättenbauoffensive „Goldener Plan“ in den 1960er bis 1980er respektive „Goldener Plan Ost“ in den 1990er und 2000er Jahren zurückzuführen. Durch die gemeinsamen Anstrengungen von Sport und Politik konnte damals eine große Zahl an Sportstätten gebaut werden.
Allerdings ist die Qualität der Sportstätten vielerorts mittlerweile mangelhaft. Über 40 Jahre nach der Bauoffensive finden sich auf zahlreichen Sportplätzen und in Hallen in ganz Deutschland kaputte Duschen, wenig einladende Umkleideräume sowie schlecht gedämmte und energetisch rückständige Gebäude. Das liegt daran, dass seither keine große bundesweit angelegte Sportstättenbauinitiative mehr durchgeführt wurde. Vor diesem Hintergrund wurde in den vergangenen Jahren immer wieder in den Ausschüssen des Bundestages beraten - die Thematik ist offensichtlich in der Bundesregierung angekommen. Das Ergebnis ist allerdings ernüchternd: im vergangenen Jahr wurden im Rahmen der Haushaltskürzungen die Mittel für das Programm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ sogar gekürzt. In diesem Jahr gibt es zudem keinen neuen Förderaufruf. Die eingereichten Förderanträge zeigen allerdings einen extrem hohen Bedarf.
Eine gemeinsame Analyse des DOSB und der kommunalen Spitzenverbände aus dem Jahr 2018 zeigt, dass der Sanierungsbedarf für Sportstätten in Deutschland mindestens 31 Milliarden Euro beträgt. Hinzu kommen Kosten für die Erreichung der verbindlichen Klimaschutzziele der Europäischen Union (Green Deal) und der Bundesrepublik Deutschland (Klimaschutzgesetz). Es besteht akuter Handlungsdruck.
Zukünftige Sport- und Bewegungsräume müssen soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit gewährleisten. Priorität hat dabei die Berücksichtigung lokaler Bedürfnisse, die Erreichbarkeit und vielseitige Nutzbarkeit dieser Räume. Ressourcenschonender Bau, Dekarbonisierung und Klimaanpassung sind unabdingbare Voraussetzungen. Es bedarf auskömmlicher langfristiger Förder- und Investitionsprogramme, einschließlich eines spezifischen Sportstättenförderprogramms des Bundes. Diese Förderprojekte müssen auf klar definierten Nachhaltigkeitskriterien basieren und sportfachliche Expertise einbeziehen. Zudem ist die Aufnahme von Sport- und Bewegungsräumen als Fördergegenstand der erweiterten Städtebauförderung entscheidend, wobei auch Sportvereine antragsberechtigt sein müssen.
Die Entwicklung dieser Räume erfordert eine intensive, ressortübergreifende Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Hierfür müssen geeignete Strukturen etabliert und ein zentrales Gremium zur Koordination aller relevanten Institutionen geschaffen werden. Die Handlungsempfehlungen der Arbeitsgruppen für den geplanten Entwicklungsplans Sport müssen konsequent ohne weitere Abschwächung Eingang in den Entwicklungsplan der Bundesregierung finden, wobei die einzelnen Maßnahmen mit klaren Verantwortlichkeiten, Zeitplänen und hinterlegten Ressourcen versehen sein müssen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen muss noch in dieser Legislaturperiode beginnen und finanziell ausreichend abgesichert sein.
Eine mehrjährige Sanierungs- und Modernisierungsoffensive für die Sportstätten unseres Landes ist dringend notwendig, damit ein wichtiges Stück Lebensqualität erhalten bleibt. Denn ohne Sportstätten ist kein Sport, egal ob Breiten- oder Leistungssport, möglich. Für die Millionen von Sportvereinsmitgliedern in Deutschland ist das keine Option.
(Autor*innen: Christian Siegel , Ressortleiter Sportstätten und Umwelt und Maike Weitzmann, Referentin Sportstätten und Umwelt)