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Deutschlands Topteam hofft auf Krönung einer herausragenden Saison
Pünktlich zum Start der Gruppenspiele am kommenden Wochenende wird der Sommer Einzug halten in Adelaide. Das ist schön für die je 48 Frauen- und Männerteams, die sich bei der Beachvolleyball-WM im Bundesstaat South Australia über Temperaturen um die 25 Grad Celsius freuen dürfen, während sie um die Medaillen kämpfen. Allerdings - das machten Svenja Müller und Cinja Tillmann im Gespräch am Olympiastützpunkt im herbstlich-kalten Hamburg schnell deutlich - sind sie am vergangenen Freitag nicht ans andere Ende der Welt geflogen, um die Sonne zu genießen. „Die WM ist der Saisonhöhepunkt, da wollen wir natürlich unsere beste Leistung abrufen“, sagen die beiden Wahl-Hamburgerinnen.
Dass das gelingen kann, bewiesen Deutschlands beste Abwehrspielerin Tillmann und die zu einer durchschlagskräftigen Angreiferin gereifte Müller, mit 24 zehn Jahre jünger als ihre Teampartnerin, beim Eliteserienturnier in Kapstadt Ende Oktober. Nur einen Satz gaben sie in insgesamt sechs Spielen ab, das hochklassige Finale gewannen sie gegen die Niederländerinnen Katja Stam/Raisa Schoon mit 2:0 (21:17, 25:23). Von einer gelungenen WM-Generalprobe wollte Cinja Tillmann im Nachgang allerdings nicht sprechen. „Ich empfinde es als abwertend, wenn ein Turnier der höchsten Kategorie als Generalprobe bezeichnet wird. Um dort zu gewinnen, muss man sich gegen die Besten durchsetzen. Dass uns das gelungen ist, bewerten wir sportlich sehr hoch“, sagt sie.
Wer anfängt zu denken, ist schnell aus dem Spielfluss heraus
Die in Senden (NRW) geborene Ausnahmekönnerin, die für Eintracht Spontent aus Düsseldorf aufschlägt, war schon immer eine Athletin, die auf die Zwischentöne achtet. Sie wägt ihre Worte stets mit Vorsicht, deshalb verwundert es wenig, dass Deutschlands bestes Duo auch vor der Weltmeisterschaft nicht als Lautsprecher der Nation auffällt. „Wir fahren nie mit der klaren Zielsetzung Goldmedaille zu einem Turnier, dafür ist die Leistungsdichte in der Weltspitze viel zu hoch. Es gibt auch vor dieser WM keine Favoritinnen, es kommt auf Nuancen an, um ganz oben auf dem Podest zu stehen“, sagt Cinja Tillmann.
Svenja Müller, geboren in Dortmund und für den Hamburger Club Eimsbütteler TV spielberechtigt, war zu Beginn ihrer Zusammenarbeit mit Cinja Tillmann vor vier Jahren eine sehr schüchterne Person, die lieber andere antworten ließ, wenn sie gefragt wurde. Das hat sich zwar längst geändert, was aber nicht bedeutet, dass sie ihrer erfahreneren Kollegin in deren Einschätzung widersprechen würde. „Wir fahren gut damit, dass wir uns kleine Ziele setzen, dass wir Punkt für Punkt spielen und niemals schon an den weiteren Weg denken“, sagt sie.
„Wenn wir an der Startlinie stehen, dürfen wir keine Existenzängste haben“
Als am vergangenen Sonntagmittag im DFB-Campus in Frankfurt am Main die Athlet*innenvollversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ihre Vertretung wählte, war Pia Greiten nur digital zugeschaltet. Weil die 28-Jährige vom Osnabrücker Ruder-Verein aktuell in Warendorf einen Bundeswehrlehrgang absolviert, war ihr die Teilnahme vor Ort nicht möglich. Die Vorsitzendenwahl musste deshalb am Montagnachmittag ebenfalls digital abgehalten werden. Aber nachdem Pia Greiten, die bei den Olympischen Spielen in Paris Bronze mit dem Doppelvierer gewann und in dieser Saison als einziges Mitglied des Paris-Quartetts im Skull-Paradeboot verblieben war, vom neunköpfigen Gremium als Nachfolgerin von Beachvolleyball-Ass Karla Borger (36/Stuttgart) bestätigt wurde, stand sie dem DOSB in ihrem ersten Interview in neuer Funktion Rede und Antwort.
DOSB: Pia, du hast interessante Tage hinter dir. Am Samstag bist du zur neuen Präsidentin von Athleten Deutschland gewählt worden, seit Montag bist du nun auch Vorsitzende der DOSB-Athlet*innenkommission. War das dein Ziel, und kannst du schon einschätzen, was da auf dich zukommt?
Pia Greiten: Ich bin mit der Zielsetzung in das Wochenende gegangen, mein Engagement für die Athlet*innen auszubauen. Dass ich nun beiden Gremien vorsitze, freut mich natürlich, aber ich interpretiere meine Aufgabe nicht als Einzelkämpferin. Wir sind ein starkes Team, das verschiedene wichtige Perspektiven und große Expertise einbringt. Mir ist schon klar, dass die kommenden Monate und Jahre - in beiden Gremien bin ich für vier Jahre gewählt - intensiv, spannend und arbeitsreich werden. Mit den Themenfeldern, die nun auf mich zukommen, habe ich mich schon im Vorhinein beschäftigt. Ich bin gut vorbereitet.
Woher rühren dein Faible für Engagement für andere Menschen und das Interesse für sportpolitische Themen?
Angefangen hat das in der Jugend, als ich persönliche Erfahrungen zum Thema frauenspezifisches Training gesammelt habe, die sich auf meine Gesundheit ausgewirkt haben. Damals wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, sich für die Allgemeinheit einzusetzen. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, Dinge aktiv zu verändern. Was sportpolitische Themen angeht, möchte ich mir die für die neuen Ämter notwendige Tiefe in den kommenden Wochen mithilfe der Kommission und Athleten Deutschland erarbeiten. Aber dadurch, dass ich in den vergangenen Jahren schon als Mitglied des Vereins aktiv war und beispielsweise zum Thema Gleichstellung auch vor dem Sportausschuss des Bundestags sprechen durfte, habe ich mich mit Sportpolitik durchaus regelmäßig beschäftigt. Der Antrieb dahinter ist, dass ich sehe, dass Veränderungen notwendig sind, und ich dabei mithelfen möchte, diese zu erreichen.
Als oberste Lobbyistin für die Athlet*innen im deutschen Sportsystem: Welche Veränderungen sind besonders dringend notwendig?
Wir müssen ein System schaffen, das für die Athlet*innen gemacht ist, in dem es Mitspracherecht und Gestaltungsmöglichkeiten auf allen wichtigen Themenfeldern gibt. Finanzielle und materielle Absicherung ist dabei genauso ein Anliegen wie Schutz vor sexueller oder psychischer Gewalt. Unser Fokus muss darauf liegen, die Stimmen der Athlet*innen zu bündeln, um immer wieder deutlich zu machen, was wir brauchen.
Wenn du sagst, dass ein solches System geschaffen werden muss, bedeutet das, dass der Status Quo dich nicht zufriedenstellt. Was sind deine wichtigsten Kritikpunkte am bestehenden System?
Noch immer leiden Athlet*innen aus dem olympischen, nicht-olympischen, para- und deaflympischen Bereich zu häufig unter Existenzsorgen, weil sie nicht ausreichend finanzielle Mittel haben, um sich auf ihren Sport konzentrieren zu können. Das trägt nicht dazu bei, die optimale Leistungsfähigkeit abrufen zu können. Nur wenn Sicherheit da ist, ist Topleistung möglich. Im Bereich Safe Sport sind, nicht zuletzt durch die Implementierung des Safe Sport Codes im DOSB Ende vergangenen Jahres, wichtige Schritte gegangen worden. Aber auch hier braucht es noch deutlich mehr Verbindlichkeit, damit Verbände und Vereine sich dazu verpflichten, ein sicheres Umfeld für ihre Mitglieder zu schaffen. Freiwilligkeit reicht da nicht aus. Hier denke ich auch an ein starkes Zentrum für Safe Sport, das im Frühjahr kommen soll.
Eine Frage, die seit Jahren diskutiert wird, ist die, welchen Leistungssport wir in Deutschland wollen. In seinem Entwurf für ein neues Sportfördergesetz fokussiert sich das Bundeskanzleramt stark auf messbare Leistung in Form von Medaillen, während Athleten Deutschland und der DOSB auch weiche Faktoren wie mentale Gesundheit und die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Sport einbeziehen möchten. Wo stehst du in dieser Debatte?
Der Wert des Sports lässt sich definitiv nicht nur an Medaillen ablesen. Ich finde, wir müssen deutlich stärker herausarbeiten, welche Bedeutung er für die Gesellschaft hat, Stichwort Vorbildcharakter. Ich bin überzeugt davon, dass sich zum Beispiel mentale Gesundheit und Leistungsbereitschaft nicht voneinander abgrenzen lassen, sondern gemeinsam gedacht werden müssen. Nur wenn es uns Athlet*innen ganzheitlich gut geht, werden wir die beste Leistung bringen können. Die Frage, wie wir mit Leistungsdruck umgehen, ist zum Glück in den Vordergrund gerückt. Aber da gibt es noch vieles zu optimieren.
„Ohne funktionstüchtige Sportanlagen ist alles nichts“
DOSB: Benjamin, Sportstätten sind für Vereine unverzichtbar. Was macht einen guten Sportplatz, Schwimmbad oder Halle für die Mitglieder aus?
Dr. Benjamin Haar: Eine Sportanlage ist für Mitglieder dann gut, wenn sie möglichst immer zu den eigenen Trainingszeiten genutzt werden kann und in einem ordentlichen Zustand ist. D.h. die Sportflächen weisen keine Schäden auf und die Sanitäranlagen sind sauber und funktionstüchtig. Die meisten Vereinssportler haben da keine besonderen Ansprüche.
Wie erleben Vereine den aktuellen Zustand der Sportstätten? Wie wichtig sind ökologische Modernisierung, Klimaanpassung und Barrierefreiheit aus Sicht eines Sportvereins und welche Herausforderungen entstehen dadurch?
Viele Sportanlagen sind nun fast 50 Jahre alt. Mit kleineren Sanierungsmaßnahmen konnte bisher ein ordentlicher Zustand einigermaßen erhalten werden. Durch notwendige energetische Sanierungsmaßnahmen als Beitrag zum Klimaschutz oder Anpassungsmaßnahmen wie z.B. ein zusätzlicher Hitzeschutz entsteht aktuell ein sehr großer Handlungsbedarf, den viele Vereine wirtschaftlich nicht stemmen können. Dazu kommt, dass die formellen Anforderungen wie baurechtliche Auflagen usw. stark zugenommen haben. Vor allem Vereinsverantwortliche im Ehrenamt sind da schnell überfordert.
Wie sieht die Situation in Feuerbach aus? Kannst Du uns ein aktuelles Beispiel der Sportvereinigung nennen?
Unsere vereinseigenen Gebäude sind 30, 40 und 50 Jahre alt. Also eigentlich alle über ihrer Lebenszeit. Besonders in der vereinseigenen Dreifeldhalle aus den Siebzigern hat sich eine immenser Sanierungsstau aufgebaut, der einer Investition in Millionenhöhe bedarf. Das ist für uns eine besondere Herausforderung, wenn man zeitgleich auch noch durch eine wachsende Nachfrage an anderer Stelle Neues schaffen muss. Wir sind hierbei auf öffentliche Förderung angewiesen. Ohne dies bräuchten wir eine gänzlich andere Beitragsstruktur.

