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„Die Silbermedaille von Paris hat einiges einfacher gemacht“
Zugegeben, es ist eine gemeine Frage. Von einem Spitzenathleten wissen zu wollen, welche seiner gewonnenen Medaillen den größten Wert hat, ist ungefähr so fair, als würde man einen Familienvater fragen, welches seiner Kinder ihm das liebste sei. Allerdings hat diese Frage einen angemessenen Hintergrund, wenn man sie Florian Unruh stellt. Der 32-Jährige zählt zu den wenigen deutschen Topsportlern, die es geschafft haben, sowohl bei den Olympischen Spielen als auch bei den World Games, den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten, Edelmetall zu gewinnen. Bei Olympia holte der Bogenschütze vom SSC Fockbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde) im vergangenen Jahr in Paris im Mixed mit dem Recurve-Bogen an der Seite von Michelle Kroppen (29/Jena) Silber. Bei den World Games 2022 in Birmingham (USA) stand er im Feldbogen-Wettbewerb sogar ganz oben auf dem Siegertreppchen.
„Es ist wirklich schwierig, diese beiden Medaillen miteinander zu vergleichen“, sagt er, „natürlich ist ein Titelgewinn etwas ganz Besonderes, aber der Einfluss, den Olympiasilber auf meine Karriere hatte, ist deutlich größer. Die Medaille von Paris hat meine Außenwirkung deutlich verändert und einiges einfacher gemacht.“ Der größte Unterschied zwischen den Weltspielen im olympischen und nicht-olympischen Bereich zeige sich in der medialen Aufmerksamkeit. „Selbst in einer Randsportart wie dem Bogenschießen ist deutlich zu spüren, wie sehr die Anfragen rund um Olympische Spiele zunehmen. Olympia ist in allen Dimensionen größer“, sagt er. Die World Games seien eher mit den European Games vergleichbar, die er 2015 in Baku (Aserbaidschan) erstmals erleben durfte.
Bei den World Games ist er Titelverteidiger
Was aber nicht heißt, dass Florian Unruh deshalb die Vorbereitung auf die bei der kommenden World-Games-Ausgabe in Chengdu (China) vom 7. bis 17. August anstehende Titelverteidigung weniger ernst nähme. „Ich mag Multisport-Veranstaltungen sehr und freue mich darauf, mit anderen Sportarten und Athleten in Kontakt zu kommen. Sportlich gesehen bedeuten mir die World Games ähnlich viel wie Olympia“, sagt er. Wobei die nicht-olympische Feldbogen-Variante, die auch in China zur Austragung kommt, in der Förderung gegenüber den olympischen Disziplinen nachrangig eingeordnet wird. „Ich werde von der Bundeswehr für die olympischen Wettkämpfe bezahlt“, sagt der Sportsoldat, der sein Informatik-Studium zu Gunsten des Sports zurückgestellt hat.
EYOF 2025 in Skopje eröffnet
Das Team Deutschland lief bei der gestrigen Eröffnungsfeier im Jane Sandanski Sports Center an elfter Stelle ein. Insgesamt nahmen an der Zeremonie 48 europäische Nationen teil.
Das Fahnenträger*innen-Duo Jolina Reinhold (Judo) und Johann Grau (3x3 Basketball) führte die deutschen Nachwuchsathlet*innen an. Für die beiden, jungen Talente ein großer Moment in ihrer Karriere.
Jolina Reinhold sagte zu ihrer Wahl: „Ich habe es überhaupt nicht erwartet. Es war ein mega Gefühl, unbeschreiblich, die deutsche Fahnenträgerin zu sein. Ich freue mich auf das Turnier und möchte gewinnen. Ich bin etwas nervös, aber wenn der Kopf mitspielt, ist alles drin.“
Die 15-jährige Jolina vom TSV Abensberg (Bayern) ist aktuell U18-Weltranglistenerste in der Gewichtsklasse bis 57 kg. Im vergangenen Jahr holte sie bei der U18-Weltmeisterschaft bereits Bronze und hält zudem den Titel der deutschen Meisterin in der U18 und U21.
Wenn eine Hundertstelsekunde zum großen Glück genügt
Die Sommerferien in Sachsen dauern in diesem Jahr bis zum 8. August. Für Kyra Säbisch ist das ein nicht ganz unerheblicher Fakt, denn während ihre Klasse am Sportgymnasium Leipzig wieder zum Unterricht erscheinen muss, erlebt die Athletin von SC DHfK Leipzig rund 7.500 Kilometer südöstlich in Chengdu (China) den Höhepunkt ihrer noch jungen Leistungssportkarriere. Bei den World Games, den Weltspielen der nicht-olympischen Sportarten, geht die dann 17-Jährige am ersten Wochenende im Finswimming (Flossenschwimmen) für die deutschen Frauenstaffeln über 4x50 sowie 4x100 Meter an den Start. „Ich habe noch immer nicht realisiert, dass ich mich wirklich dafür qualifiziert habe. Aber natürlich freue ich mich wahnsinnig darauf!“, sagt sie.
Um das zu schaffen, hatte Kyra Säbisch Mitte April ein Drama überstehen müssen. Die Qualifikation für den fünften Platz im Team neben Nadja Barthel (SC DHfK Leipzig), Lilly Placzek (SG Dresden), Michele Rütze (SG Dresden) und Johanna Schikora (TC FEZ Berlin) sollte beim Weltcupfinale in Barcelona ausgeschwommen werden. Nach ihren Vorleistungen lagen Kyra, Lara Gawenda und Nina Kohler gleichauf, und so wurde die in Spanien geschwommene 100-Meter-Zeit als Bewertung herangezogen. Kyra war die Schnellste - mit dem hauchdünnsten messbaren Vorsprung von einer Hundertstelsekunde. „Als ich anschlug, wusste ich noch nicht, dass die Zeit ausreichte“, erinnert sie sich. „Als es dann klar war, habe ich mich natürlich sehr gefreut. Aber die anderen beiden, die teilweise schon deutlich länger als ich auf das Ziel World Games hingearbeitet haben, taten mir auch sehr leid. Es war auch für mich, aber insbesondere für sie hart, damit umzugehen.“
Erst seit zwei Jahren ist Kyra im Finswimming aktiv
Weil Sport manchmal grausam sein kann, aber niemand für Spitzenleistungen um Entschuldigung bitten muss, darf sich Kyra Säbisch nun spätestens seit Ende Juni als Teil des Team D für Chengdu fühlen. Seit sie in der DOSB-Zentrale in Frankfurt am Main ihre Teamkleidung in Empfang nehmen konnte, ist die Vorfreude auf das größte Event ihres Sports noch einmal gewachsen. Für eine Schülerin wie die aus Altenhain bei Grimma stammende Athletin, die in Kindertagen mit dem Schwimmen begann und erst 2023 erstmals die Monoflosse anlegte, ist die Reise nach China kaum greifbar. „So etwas erlebt man nicht oft, vielleicht nur einmal im Leben“, sagt sie. „Ich habe noch immer nicht das Gefühl, zu 100 Prozent im Finswimming angekommen zu sein. Eineinhalb Jahre hat die Umstellung sicherlich gedauert.“